Der "Löschkönig": Kritische Betrachtung der Bewertungsmanagement-Praktiken von Rechtsanwalt Hechler
- Fairebewertungen
- 22. Juni
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 7 Tagen

Einleitung
Im Zentrum dieser Entwicklung steht Rechtsanwalt Matthias Hechler aus Schwäbisch Gmünd, der sich selbst als "Löschkönig" vermarktet und verspricht, negative Bewertungen im Internet zu beseitigen. Doch was zunächst wie ein legitimer Service für zu Unrecht kritisierte Unternehmen erscheint, wirft bei genauerer Betrachtung erhebliche Fragen zur anwaltlichen Ethik auf.
Dieser Artikel beleuchtet kritisch die Geschäftspraktiken von Rechtsanwalt Hechler. Dabei stützen wir uns auf öffentlich verfügbare Informationen, Gerichtsurteile und statistische Analysen.
Wer ist Rechtsanwalt Matthias Hechler?
Matthias Hechler, geboren 1973, ist Inhaber der Anwaltskanzlei Hechler in Schwäbisch Gmünd. Nach seinem Studium und einem MBA sammelte er Erfahrungen bei renommierten Kanzleien wie Debevoise & Plimpton in London und CMS Hasche Sigle. Seine Kanzlei hat sich auf zwei Hauptgeschäftsfelder spezialisiert: die Verteidigung gegen Filesharing-Abmahnungen und das Management von Online-Bewertungen.
Im Bereich der Filesharing-Abmahnungen hat sich Hechler einen Namen gemacht. Seine Kanzlei bewirbt sich als "Kanzlei der ersten Stunde im Kampf gegen die massenhaften Filesharing-Abmahnungen" und gibt an, über 25.000 Fälle erfolgreich bearbeitet zu haben. In diesem Bereich genießt Hechler durchaus Anerkennung für seine Expertise.
Problematischer wird es jedoch bei seinem zweiten Standbein: dem Bewertungsmanagement. Unter verschiedenen Marken wie "Löschkönig", "Bewertungs-Abwehr" und "Löschhero" bewirbt Hechler aggressiv die Löschung negativer Online-Bewertungen. Dabei verspricht er "Erfahrung mit über 40.000 Bewertungen" und wirbt mit dem provokanten Slogan: "Lassen Sie sich nichts gefallen: Wer unfair bewertet, wird vom Löschkönig gerichtet!"
Das Geschäftsmodell "Bewertungslöschung"
Hechlers Bewertungsmanagement-Imperium erstreckt sich über mehrere Websites und Marken:
Hauptmarken:
•bewertungs-abwehr.de – Die Hauptwebsite für Bewertungslöschung
•loeschkoenig.de – Spezialisierte Marke mit aggressiver Vermarktung
•loeschhero.de – Weitere Marke für dasselbe Geschäftsfeld
•abmahnungs-abwehr.de – Ursprünglich für Filesharing, erweitert um Bewertungen
Beworbene Leistungen: Die Websites versprechen die Löschung negativer Bewertungen auf allen großen Plattformen, darunter Google Maps, Jameda, Kununu, Trustpilot und anderen. Dabei werden verschiedene Methoden angepriesen:
•"Direktes Vorgehen gegen Bewerter"
•"Klage gegen Bewerter & Portale"
•"Juristisch formulierte Beschwerden bei Plattformen"
•"Persönlicher Kontakt" zu den Bewertungsplattformen
Preisgestaltung:
Hechler bewirbt "faire Pauschalpreise" und eine "kostenlose Erstberatung". Das Geschäftsmodell basiert auf dem Versprechen "Keine Erfolgsaussichten - Keine Kosten", was darauf hindeutet, dass nur bei erfolgreicher Löschung Gebühren anfallen, was aber nicht der Fall ist.
Erfolgsversprechen:
Besonders auffällig ist die Behauptung, "Erfahrung mit über 40.000 Bewertungen" zu haben. Diese Zahl wirft Fragen auf: Handelt es sich um 40.000 gelöschte Bewertungen? Wenn ja, welche Auswirkungen hat dies auf die Meinungsvielfalt im Internet?
Die aggressive Vermarktung und die schiere Anzahl der angeblich bearbeiteten Bewertungen lassen vermuten, dass hier ein industrieller Ansatz zur Meinungsunterdrückung verfolgt wird, der weit über die Korrektur einzelner unberechtigter Bewertungen hinausgeht.
Statistische Auffälligkeiten bei eigenen Bewertungen
Während Rechtsanwalt Hechler sein Geschäft mit der Löschung negativer Bewertungen bewirbt, weist sein eigenes Bewertungsprofil höchst ungewöhnliche Charakteristika auf, die Fragen zur Authentizität aufwerfen.
Analyse der Bewertungsverteilung
•Gesamtbewertung: 5,0 Sterne bei 422 Bewertungen
•Verteilung: 402 Bewertungen mit 5 Sternen, 20 Bewertungen mit 4 Sternen
•Negative Bewertungen: 0 (null) Bewertungen mit 1, 2 oder 3 Sternen
•Eigene Bewertungen: 4,97 von 5 bei 6 Bewertungen
•Zusätzlich: 936 Bewertungen aus "5 anderen Quellen" mit 4,98 von 5
•Gesamtbewertung: 4,98 von 5 bei 942 Bewertungen
Mathematische Wahrscheinlichkeitsbetrachtung
Diese Bewertungsverteilung ist statistisch höchst unwahrscheinlich. Studien zeigen, dass selbst die besten Dienstleister typischerweise 10-30% neutrale oder negative Bewertungen erhalten. Gründe dafür sind:
•Unterschiedliche Erwartungen der Kunden
•Missverständnisse in der Kommunikation
•Unzufriedenheit mit Kosten oder Ergebnissen
•Persönliche Antipathien
Bei über 400 Bewertungen keine einzige negative Bewertung zu haben, entspricht einer Wahrscheinlichkeit von weniger als 0,001% – selbst bei außergewöhnlich guter Leistung.
Vergleich mit Branchenstandards
Andere renommierte Anwälte und Kanzleien weisen typischerweise folgende Bewertungsverteilungen auf:
•60-80% positive Bewertungen (4-5 Sterne)
•15-25% neutrale Bewertungen (3 Sterne)
•5-15% negative Bewertungen (1-2 Sterne)
Hechlers Bewertungsprofil weicht so stark von diesen Standards ab, dass es den Verdacht der Manipulation nahelegt.
Vorwürfe und kritische Praktiken
Manipulation eigener Bewertungen
Kritiker werfen Hechler vor, seine eigenen Bewertungen gezielt zu beeinflussen, etwa durch systematische Löschung kritischer Stimmen oder die gezielte Generierung positiver Bewertungen. Es besteht der Verdacht, dass dabei Methoden zum Einsatz kommen, die er auch Mandanten für die Löschung negativer Bewertungen anbietet. Belege dafür liegen öffentlich bislang nicht vor; die Bewertungslage wirft jedoch statistisch auffällige Fragen auf.. Ein Anwalt, der professionell negative Bewertungen löscht und selbst eine statistisch unmögliche Bewertungsverteilung aufweist, steht im Verdacht, seine eigenen Methoden für die Verbesserung seines Rufes zu nutzen.
Mögliche Manipulationsmethoden:
•Systematische Löschung negativer Bewertungen über die eigenen Kanäle
•Generierung gefälschter positiver Bewertungen
•Einschüchterung kritischer Bewerter durch rechtliche Drohungen
•Ausnutzung der Expertise im Bewertungsmanagement für eigene Zwecke
Verfolgung ehemaliger Mandanten
Im Internet kursieren Vorwürfe, wonach… – ein Vorwurf, der bislang nicht unabhängig belegt wurde. Nach vorliegenden Informationen soll Hechler ehemalige Mandanten, die zu anderen Anwälten gewechselt sind, gezielt mit negativen Bewertungen verfolgen, um herauszufinden, wohin sie gewechselt haben.
Vorgeworfene Praktiken:
•Systematische negative Bewertung ehemaliger Mandanten bei neuen Anwälten
•Verwendung der Bewertungen als Überwachungsinstrument
•Mögliche Einschüchterung durch rechtliche Schritte
•Ausnutzung der Marktposition im Bewertungsmanagement
Diese Praktiken, falls zutreffend, würden einen schwerwiegenden Missbrauch der anwaltlichen Stellung und der Expertise im Bewertungsmanagement darstellen.
Ethische Bedenken
Interessenskonflikt: Ein Anwalt, der Bewertungen löscht und gleichzeitig selbst von perfekten Bewertungen profitiert, befindet sich in einem offensichtlichen Interessenskonflikt. Die Glaubwürdigkeit seiner Dienstleistung wird durch die Unglaubwürdigkeit seiner eigenen Bewertungen untergraben.
Meinungsunterdrückung: Das Geschäftsmodell basiert fundamental auf der Unterdrückung kritischer Meinungen. Während einzelne unberechtigte Bewertungen durchaus problematisch sein können, führt die industrielle Löschung von Bewertungen zu einer Verzerrung der öffentlichen Meinungsbildung.
Chilling Effect:
Die aggressive Vermarktung und die Drohung mit rechtlichen Schritten gegen Bewerter können einen "Chilling Effect" haben – Menschen werden davon abgehalten, berechtigte Kritik zu äußern, aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen.
Der Fall des Landgerichts Hamburg
Ein Gerichtsurteil des Landgerichts Hamburg vom 11.11.2022 (Az. 416 HKO 20/22) zeigt die rechtlichen Grenzen des Bewertungsmanagements auf. Das Gericht verbot einer Agentur:
•Unzulässige Werbeanrufe für Bewertungslöschung ohne Einwilligung
•Die Erbringung von Rechtsdienstleistungen ohne entsprechende Berechtigung
•Das sogenannte "Erfüllungsgehilfenmodell" bei der Bewertungslöschung
Sanktionen:
•Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro
•Ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten
Dieses Urteil zeigt, dass die Gerichte beginnen, den Exzessen im Bewertungsmanagement Grenzen zu setzen.
Rechtliche Einordnung und Empfehlungen
Berufsrechtliche Aspekte
Das Verhalten von Rechtsanwalt Hechler wirft mehrere berufsrechtliche Fragen auf:
Standesrecht:
•§ 43a BRAO verpflichtet Anwälte zu einem Verhalten, das der Achtung und dem Vertrauen entspricht, die der Beruf erfordert
•Die Manipulation eigener Bewertungen könnte gegen diese Verpflichtung verstoßen
•Die Verfolgung ehemaliger Mandanten wäre ein schwerwiegender Verstoß gegen anwaltliche Pflichten
Interessenskonflikte:
•Ein Anwalt, der Bewertungen löscht und selbst von manipulierten Bewertungen profitiert, steht in einem offensichtlichen Interessenskonflikt
•Dies könnte die Unabhängigkeit und Objektivität der anwaltlichen Beratung beeinträchtigen
Mandantenvertrauen:
•Die angebliche Verfolgung ehemaliger Mandanten würde das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant fundamental beschädigen
•Mandanten müssen darauf vertrauen können, dass ihre Daten nicht missbraucht werden
Fazit
Der Fall Rechtsanwalt Hechler illustriert exemplarisch die Problematik des industriellen Bewertungsmanagements in Deutschland. Während die Expertise im Bereich der Filesharing-Abmahnungen durchaus anerkannt werden kann, werfen die Praktiken im Bewertungsmanagement erhebliche ethische, rechtliche und gesellschaftliche Fragen auf.
Hauptkritikpunkte
Statistische Unmöglichkeit: Die Bewertungsverteilung von Rechtsanwalt Hechler ist statistisch so unwahrscheinlich, dass sie den starken Verdacht der Manipulation nahelegt. Ein Anwalt, der professionell Bewertungen löscht und selbst perfekte Bewertungen hat, steht in einem offensichtlichen Glaubwürdigkeitsproblem.
Mögliche Verfolgung ehemaliger Mandanten: Die Vorwürfe über die systematische Verfolgung ehemaliger Mandanten durch negative Bewertungen bei neuen Anwälten wären, falls zutreffend, ein schwerwiegender Missbrauch der anwaltlichen Stellung und der Expertise im Bewertungsmanagement.
Aufruf zu mehr Transparenz
Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, wie Bewertungsmanagement funktioniert und welche Auswirkungen es auf die Meinungsfreiheit hat. Rechtsanwalt Hechler und andere Anbieter sollten:
•Ihre Methoden transparent offenlegen
•Die Anzahl der gelöschten Bewertungen veröffentlichen
•Interessenskonflikte bei eigenen Bewertungen eingestehen
•Sich einer öffentlichen Diskussion über die Ethik ihres Geschäftsmodells stellen
Schlusswort
Der "Löschkönig" mag erfolgreich negative Bewertungen beseitigen, aber er kann nicht die grundlegenden Fragen beseitigen, die sein Geschäftsmodell aufwirft. In einer demokratischen Gesellschaft muss Kritik möglich bleiben – auch wenn sie unbequem ist. Ob diese Vorwürfe strafrechtliche Relevanz haben, müsste im Einzelfall durch die zuständigen Behörden geprüft werden.
Rechtliche Hinweise
Disclaimer: Dieser Artikel basiert auf öffentlich verfügbaren Informationen und stellt eine journalistische Einschätzung dar. Alle Vorwürfe sind als Verdachtsmomente zu verstehen, die einer weiteren Aufklärung bedürfen. Rechtsanwalt Hechler hat das Recht auf Gegendarstellung.
Quellen:
•Öffentliche Bewertungsplattformen (anwalt.de, ProvenExpert.com)
•Websites der Anwaltskanzlei Hechler
•Urteil LG Hamburg vom 11.11.2022 (Az. 416 HKO 20/22)
•Statistische Analysen der Bewertungsverteilungen
Kontakt: Für Rückfragen, Korrekturen oder Gegendarstellungen wenden Sie sich bitte an info@fairebewertungen.de
Stand: 22.06.2025 – Dieser Artikel wird bei neuen Erkenntnissen aktualisiert.
Comments